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Wien im Wandel: Visionen für klimafreundliche Mobilität
Die steigenden Temperaturen in den Sommermonaten stellen die Stadt Wien vor enorme Herausforderungen. Besonders nachts staut sich die Hitze an vielen Stellen, insbesondere in engen Gassen, die keine Bäume oder Grünflächen aufweisen – die ersehnte Abkühlung bleibt immer öfter aus.
Diese Situation führt nicht nur zu unerträglichen Alltagsbedingungen, sondern stellt auch ein enormes Gesundheitsrisiko für die Stadtbewohner dar. Durch den motorisierten Verkehr wird dieser Effekt zusätzlich drastisch verstärkt.
Das Auto in der Großstadt: Ist es wirklich notwendig?
Autos heizen Stadt auf
Autos tragen sowohl aktiv als auch passiv zur Wärmeentwicklung in der Stadt bei. Neben der bekannten Problematik der Wärmeabgabe durch Verbrennungsmotoren über Abgase wird der Umstand vernachlässigt, dass auch geparkte Autos einen erheblichen Beitrag zur Wärmeentwicklung leisten.
Asphaltierte Straßen und Parkplätze, die gegenwärtig 67% der Straßenfläche in Wien einnehmen, absorbieren die Sonnenenergie und strahlen sie in Form von Wärme ab. Ein geparktes Auto blockiert diese natürliche Wärmebstrahlung, insbesodere in den Abend- und Nachtstunden, wenn eine natürliche Abkühlung stattfinden soll. Diese kombinierten Faktoren verstärken die Entwicklung urbaner Wärmeinseln, die insbesondere in dicht besiedelten städtischen Gebieten negative Auswirkungen auf das Stadtklima haben. Darüber hinaus ist der motorisierte KFZ-Verkehr für 36% der Treibhausgase Wiens verantwortlich, wobei auf private PKW-Fahrten ein Anteil von 72% entfällt.
Modal Split
Der Modal Split 2022 zeigt: Wien ist durchwegs klimafreundlich unterwegs! 35% aller Wege wurden in der Bundeshauptstadt zu Fuß zurückgelegt und damit das außergewöhnliche Niveau des Vorjahres, bedingt durch die Corona-Krise, nahezu beibehalten. Radfahrer und Scooter konnten seit 2019 ein Plus von 2% verbuchen und einen Anteil von 9% halten. 26% aller zurückgelegten Wege wurden 2022 mit dem Auto bewältigt. Dieser Wert ist allerdings seit 10 Jahren konstant bei +/- 1% Anteil.
45 Prozent der Wiener besitzen kein Auto
Auch wenn sich einige Wiener ein Leben ohne Auto nur schwer vorstellen können, so stimmen neun von zehn Wiener zu, dass man in der Stadt auch gut ohne eigenes Auto auskommt. Mit 47% besitzt bereits jetzt fast die Hälfte aller Wiener Haushalte kein Auto.
Dieses Ergebnis wird auch von Daten der Statistik Austria unterstrichen, wonach jede zweite Autofahrt in der Bundeshauptstadt weniger als 5km beträgt.
Mit dem Rad durch Wien: Hürden und Potenziale.
Wien – Eine Stadt der kurzen Wege.
Wie der Online-Routenplaner Bike Citizens zeigt, ist ein Großteil der Orte innerhalb Wiens innerhalb von 30 Minuten mit dem Fahrrad erreichbar – Ampelschaltungen und Steigungen sind dabei bereits berücksichtigt. Das offenbart: Wien hätte durchaus das Potenzial zur Radfahrstadt. Das Fahrrad ist nicht nur klimafreundlich, sondern auch ein äußerst gesundes Verkehrsmittel, das sich ideal zwischen Fußwegen und dem öffentlichen Nahverkehr in ein zukunftsorientiertes Mobilitätskonzept einfügen lässt. Die Chancen von aktiver Mobilität wurden auch von der Stadtregierung erkannt, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Radverkehrsanteil bis 2025 auf 10% zu steigern – aber wie?
Fehlende Infrastruktur für aktive Mobilität
Bauliche Infrastruktur hat einen starken Einfluss auf unser Mobilitätsverhalten. Wird etwa genügend Platz und ein attraktives Umfeld für Fußgänger bereitgestellt, wird im Durchschnitt auch mehr gegangen. Ebenso verhält es sich beim Radfahren.
Protected-Bike-Lanes, die durch Poller oder anderweitig vom KFZ-Verkehr getrennt sind, zeigten in Montreal eine 2,5-fach höhere Radfrequenz. Auch die Unfallrate konnte um 28% reduziert werden. Im Gegensatz zu anderen Großstädten ist das Radwegenetz in Wien allerdings nicht nur lückenhaft, auch baulich getrennte Radwege sind regelrecht Mangelware. Bei weniger als 10% des Radwegenetzes handelt es sich um echte Radwege, noch geringer fällt der Anteil an Fahrradstraßen aus. Überwiegend zu finden ist der durchaus gefährliche Mehrzweck-streifen, der auch von Autos befahren werden darf und oft nur
wenige Zentimeter Seitenabstand zwischen motorisiertem Verkehr und dem Fahrrad zulässt. Hinzu kommt der hohe Andrang auf Wiens Radrouten, die eine einfache Radfahrt zwischen Elektromopeds von Essenszustellern, E-Scootern und querenden Autos zu einem Parcours werden lässt.
Faire Verteilung des öffentlichen Raums
Der überwiegend für den motorisierten Verkehr gestaltete Straßenraum muss dringend an die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung angepasst werden.
Ganze 67% der Straßenfläche kommt dem Autoverkehr zu, während Fußgängerzonen und Radwegen nur jeweils 1% Platz gegeben wird. Obwohl aktive Mobilität den Modal Split mit einem Anteil von 44% anführt, steht der umweltfreundlichen Fortbewegung im Vergleich zum motorisierten Verkehr viel zu wenig Fläche zur Verfügung. Ein Missstand, der in Anbetracht steigender Hitzetage und Tropennächte nicht länger hinzunehmen ist. Flächendeckende Begegnungszonen sind ein vielversprechender Ansatz, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Durch die flächendeckende Umgestaltung von Straßenabschnitten könnten nicht nur Fußgänger:innen und Radfahrer:innen die Stadt sicherer und komfortabler nutzen, auch für Anrainer:innen würde eine Verkehrsberuhigung zu einer höheren Lebensqualität führen.
Die Begrünung von Begegnungszonen durch Bäume ist dabei von besonderer Wichtigkeit, um Schattenspendende Plätze zu schaffen und die Stadt zu kühlen.
Die Macht der Bilder: visuelles Design als Wegbereiter für urbane Innovation.
Bürger:innen wünschen sich mehr Grün, mehr Verkehrssicherheit, weniger Lärm und Abgase
Die äußere Mariahilferstraße im 15. Wiener Gemeindebezirk ist stadtplanerisch alles andere als klimafit: Schneller KFZ-Durchzugsverkehr, extrem unsichere Fahrradstreifen in der Dooring-Zone, schlecht zu überquerende Straßenstellen, fehlende Aufenthaltsflächen, wenige Bäume.
Die geplante Sanierung bietet die Möglichkeit einer umfassenden Neugestaltung, für die mittels Befragung der Anrainer:innen bereits beeindruckendes Feedback gesammelt werden konnte: 96% der Bürger:innen wünschen sich einen Zuwachs an Begrünung und Schatten, 90% attraktivere Infrastruktur für öffentlichen Verkehr sowie Fahrrad und ganze 87% sehen weniger Autoverkehr und eine Reduktion der Abgase als besonders wichtig an.
Erste Konzepte, welche diese Wünsche berücksichtigen, wurden bereits erarbeitet und visualisiert. Zukünftig soll ein Fahrstreifen für den KFZ-Verkehr durch einen neuen, baulich getrennten Zweirichtungsradweg ersetzt werden, während Fußgänger:innen von breiteren Gehsteigen und begrünten Aufenthaltsplätzen profitieren.
Visuelle Konzepte für Bewegung und Veränderung.
Die Zusammenarbeit zwischen visuellem Design und Stadtplanung ist von großer Bedeutung, um innovative Lösungen für eine nachhaltige Stadtgestaltung zu entwickeln. Grafische Darstellungen urbaner Konzepte können einen positiven Einfluss auf die öffentliche Meinung haben und so dazu beitragen, den Weg zu einer lebenswerten und umweltfreundlichen Stadt zu ebnen. Angesichts der oft vorhandenen Skepsis gegenüber Veränderungen ist die visuelle Aufbereitung innovativer Lösungen unabdinglich, um den Menschen zu verdeutlichen, welche positiven Veränderungen möglich sind. Bereits die ersten Entwürfe zur Neugestaltung der Äußeren Mariahilferstraße veranschaulichen eindrucksvoll, wie eine Neugestaltung öffentlicher Plätze besser den Bedürfnissen der Menschen entsprechen könnte und betont damit die positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bewohner:innen in Rudolfsheim Fünfhaus.
Die künftige Lebensqualität in Wien wird davon abhängen, ob eine nachhaltige Stadtgestaltung umgesetzt werden kann, welche die vielfältigen Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt und den öffentlichen Raum gerecht verteilt. Hier ist es auch wichtig, die Bevölkerung aktiv in die Gestaltung einzubeziehen und durch die Integration neuer Konzepte von den positiven Veränderungen zu überzeugen.
Wenn wir eine lebenswerte Zukunft für Wien möchten, ist es jetzt an der Zeit, diesen Weg konsequent zu bestreiten!